Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums leiden allein in Deutschland ca. 4 Millionen Menschen an einer Depression. Andere Schätzungen gehen von weitaus höheren Zahlen aus, da die Grenzen zwischen leichten und vorübergehenden depressiven Verstimmungen, die nahezu jeden Menschen einmal im Leben meist auf Grund einer schweren, belastenden und scheinbar ausweglosen Situation ereilen, und einer echten, als Krankheit einzustufenden Depression fließend sind. Viele Menschen wollen sich ihr Problem auch nicht eingestehen. Sie suchen sich keine Hilfe, so dass ihr Fall unbekannt bleibt.

So groß wie die Zahl der Betroffenen ist auch das Angebot an Behandlungsmethoden. Die Ansätze reichen von alternativen Heilverfahren wie der Homöopathie bis hin zur medikamentösen Behandlung mit Psychopharmaka. Antidepressiva zeigen zwar eine spürbare Wirkung, doch allzu oft gehen mit deren Anwendung unerwünschte Nebenwirkungen einher. Diese reichen von einer erhöhten Suizidgefahr bis hin zu lebensbedrohlichen Beschwerden wie Herzrhythmusstörungen. Da diese Tatsachen immer bekannter werden, suchen auch immer mehr Ärzte, Betroffene und Angehörige gleichermaßen nach neuen Wegen aus der Depression. Eines der psychotherapeutischen Verfahren, das in diesem Zusammenhang immer mehr Aufmerksamkeit findet, ist die MCBT.

Was ist MCBT?

MCBT steht für Mindfulness Based Cognitive Therapy, was übersetzt achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie bedeutet. MCBT gegen Depressionen kombiniert Ansätze der kognitiven Therapie mit Achtsamkeits- und Meditationsübungen. Grundlage dieser Therapieform ist die Mindfulness based Stress Reduction (MBSR) oder achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. Bei MBSR handelt es sich um ein Übungsprogramm gegen Stress, das von dem amerikanischen Professor, Autor und Meditationslehrer Jon Kabat-Zinn in den 1970er Jahren entwickelt wurde. Das Anti-Stress-Programm besteht aus verschiedenen Meditationsübungen, die darauf abzielen, die Achtsamkeit zu schulen. Dazu gehören unter anderem die Konzentration auf den Körper, Atemmeditationen und Yoga-Übungen. MCBT wurde von John D. Teasdal, Zindel Segal und Mark Williams kreiert, die die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion an die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Depressionen anpassten.

Ablauf der achtsamkeitsbasierten kognitiven Therapie

Genau wie die MBSR ist die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie ein gruppentherapeutischer Prozess mit normalerweise acht bis zwölf Teilnehmern, der sich über einen Zeitraum von acht Wochen erstreckt. Jede Woche findet eine Sitzung, die ca. zwei Stunden dauert. Nach der fünften Woche gibt es eine ganztägige Sitzung. MCBT erfordert eine aktive Teilnahme der Patienten. Für eine erfolgreiche Therapie muss die Achtsamkeit jeden Tag zu Hause geschult werden. Dafür ist eine tägliche Meditations- und Übungszeit von ca. fünfundvierzig Minuten erforderlich.

Wie hilft Achtsamkeitsmeditation gegen Grübeln und Trauern?

In der Therapiestunden lernen die Betroffenen verschiedene Fähigkeiten, um ihre negativen Gedanken aufmerksamer wahrzunehmen und unangenehmen Emotionen bewusst zu begegnen anstatt unbewusst von ihnen kontrolliert zu werden. Dabei geht es Beobachtung, Neutralität und Akzeptanz. Die Achtsamkeitsmeditationen sollen dabei helfen, das Auftreten depressiver Gedanken frühzeitig zu erkennen, um dadurch schneller aus dieser Abwärtsspirale aussteigen zu können. Dabei hilft die Achtsamkeitsmeditation, indem die Aufmerksamkeit gezielt umgelenkt wird. Es geht darum, die Kopflastigkeit loszulassen und mit seiner gesamten Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt präsent zu sein anstatt an negativen Erinnerungen aus der Vergangenheit oder an Sorgen um die Zukunft verhaftet zu sein.

Achtsamkeitsmeditation und das Gehirn

Während der Depression finden biochemische Prozesse statt, die aus dem Gleichgewicht geraten sind. Diese ungesunden Gehirnaktivitäten lassen sich mit regelmäßiger Meditationspraxis messbar positiv beeinflussen. Durch den Beweis dieser Veränderungen mit Hilfe von modernen Verfahren wie der Elektroenzephalografie und Methoden des Neuroimaging wie der Magnetresonanztomografie, rückt die Meditation aus dem Bereich der Spiritualität und Esoterik immer weiter ins Zentrum des wissenschaftlichen Interesses.  Dies gilt insbesondere für die Achtsamkeitsmeditation.

Wie wirksam ist Achtsamkeitsmeditation gegen Depressionen?

Diverse Studien zeigen, dass Achtsamkeitsmeditationen statistisch effektiv sind, um Depressionen sowohl zu lindern und als auch vorzubeugen. Wer sich gerade in einer schweren depressiven Phase befindet, wird ohne eine intensive therapeutische Begleitung Schwierigkeiten haben, die Übungen durchzuführen. Denn die Konzentration auf den Körper und die nicht beurteilende oder bewertende Achtsamkeit erfordern eine gewisse Flexibilität, sich von den destruktiven mentalen und emotionalen Mustern abwenden zu können. Zur Vorbeugung eines Rückfalls in die Depression allerdings ist die Achtsamkeitsmeditation ein beachtliches Werkzeug. Es gibt anerkannte Studien, die belegen, dass MCBT das Rückfallrisiko von Personen, die bereits drei oder mehr depressive Phasen hatten, um bis zu fünfzig Prozent verringert.

Achtsamkeitsmeditation „Body Scan“

Nicht nur depressive Menschen profitieren von der Achtsamkeitsmeditation. Wie bereits erwähnt, wird sie seit Jahrzehnten erfolgreich gegen Stress angewandt. Spitzensportler, Manager, Politiker und Künstler nutzen die  Achtsamkeitsmeditation, um besser mit belastenden Situationen fertig zu werden. In manchen Religionen wie dem Buddhismus hat die Achtsamkeit sogar schon eine Jahrtausende alte Tradition. Achtsamkeitsmeditation macht gelassener, ausgeglichener, entspannter und bewusster. Eine einfache Achtsamkeitsübung, die jeder zu Hause praktizieren kann, ist der sogenannte Body-Scan. Bei dieser Übung richtet man seine Wahrnehmung nach einander auf die verschiedenen Regionen des Körpers, so wie man dies auch von anderen Entspannungstechniken wie etwa der Progressiven Muskelentspannung kennt. Allerdings geht es beim Body-Scan ausschließlich um eine passive Wahrnehmung, das heißt man versucht nicht, irgendetwas zu analysieren oder gar zu verändern. Vielmehr gibt man gibt seinen Empfindungen Raum, so zu sein wie sind. Wer sich näher mit Achtsamkeitsmeditation beschäftigen und das Meditieren in seinen Alltag integrieren will, findet umfangreiche Informationen in dem lesenswerten Buch: „Gesund durch Meditation: Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR“ von Jon Kabat-Zinn.