Die Multiple Sklerose, kurz MS, ist eine chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). In der medizinischen Fachsprache wird die MS auch als Encephalomyelitis disseminata, kurz ED, bezeichnet. Das Immunsystem greift durch eine Fehlfunktion die körpereigenen Nervenzellen an und zerstört die Schutzschicht der Nervenzellen, die so genannte Myelinschicht, an mehreren Stellen des Körpers. Dadurch ist die Erregungsleitung zwischen den Nervenzellen unterbrochen oder die Reizübertragung läuft nur noch verlangsamt ab und verursacht neurologische Ausfälle in allen möglichen Körperregionen. Charakteristisch für das Krankheitsbild der MS ist ein schubweiser Verlauf mit zwischenzeitlicher Rückbildung der vielseitigen Symptome über einen längeren Zeitraum. Als Erstsymptome der MS treten häufig eine Sehnervenentzündung mit verschwommenem Sehen, Augenzittern (Tremor) und eine Augenmuskellähmung infolge einer Hirnstammbeteiligung mit Doppelbildersehen auf. Bis zur Diagnosestellung können drei bis vier Jahre vergehen, da die Symptomvielfalt der Multiplen Sklerose auf viele andere Erkrankungen hindeuten kann.
Multiple Sklerose die zweithäufigste neurologische Erkrankung weltweit
Multiple Sklerose ist nach der Epilepsie die häufigste neurologische Erkrankung weltweit. In Deutschland sind geschätzt etwa 130.000 bis 200.000 Menschen von Multiple Sklerose betroffen. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig an MS wie Männer, der Grund für die geschlechtsspezifische Verteilung ist nach wie vor ungeklärt. Diagnostiziert wird die Multiple Sklerose in den meisten Fällen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr mit einem Erkrankungsgipfel um das 30. Lebensjahr, aber auch immer mehr Kinder und Jugendliche oder Menschen ab 45 Jahre sind von der Autoimmunerkrankung betroffen. Schätzungsweise gibt es jedes Jahr 3,5 bis 5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner.
Was für eine Krankheit ist die Multiple Sklerose und wie entsteht die Autoimmunerkrankung? Welche Formen der MS gibt es und welche Ursachen, Risikofaktoren und Auslöser werden für die Erkrankung vermutet? Die Symptome der MS sind sehr vielseitig, da sie in allen möglichen Körperregionen auftreten können. Wie macht sich das Krankheitsbild MS zuerst bemerkbar und wie können sich die vielseitigen Beschwerden äußern? Was bedeutet ein akuter Schub und warum ist die Definition eines Schubs so wichtig? Wie sieht der Krankheitsverlauf der MS aus? Bis die Erkrankung nach dem Auftreten der Erstsymptome diagnostiziert wird, können einige Jahre vergehen. Wie sieht die schulmedizinische Diagnostik aus und welche Therapiemöglichkeiten werden von Seiten der Schulmedizin und Alternativmedizin angeboten? Antworten auf die Fragen zum Krankheitsbild Multiple Sklerose gibt es im Folgenden.
Was ist die Multiple Sklerose (MS) und wie entsteht die Erkrankung des ZNS?
Die Multiple Sklerosen ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die zu einer herdförmigen Zerstörung der Myelinscheiden führt. MS zählt zu den Autoimmunerkrankungen, denn Antikörper richten sich gegen körpereigene Nervenzellen und zerstören die Schutzhülle (Myelinschicht). Dadurch entstehen Entzündungen im Gehirn und Rückenmark, die über längere Zeit zu Vernarbungen führen.
Die Rolle von Mark- und Myelinschicht, Axone und der weißen Substanz des Großhirns
Mark- oder Myelinscheiden sind eine aus einem Eiweiß-Fett-Gemisch schützende Ummantelung, welche einige Nervenfasern (Axone) umgibt. Axone wiederum sind besondere Zellfortsätze der Nervenzellen (Neuronen) im Nervengewebe, die für die Erregungsbildung und Erregungsleitung zuständig sind. Axone, bei denen eine hohe Leitungsübertragung nötig ist, müssen eine gute Isolationsschicht, d.h. eine dicke Myelinschicht aufweisen und werden als markhaltige Nervenfaser bezeichnet. Das Krankheitsbild der Multiplen Sklerose zeigt überall in der weißen Substanz des ZNS herdförmige Entzündungen, die mit einer Zerstörung der Mark- bzw. Myelinscheiden und Narbenbildung einhergehen. Die Zerstörung der Myelinschicht wird auch als Demyelinisation bezeichnet. Die weiße Substanz des Großhirns besteht aus Nervenfaserbündeln, die verschiedene Hirnabschnitte miteinander verbinden, wie z.B. die linke mit der rechten Großhirnhemisphäre, Assoziationsbahnen, welche die Impulse innerhalb der Hemisphären hin- und herleiten und die Projektionsbahnen, die die Erregungen aus verschiedenen Körperregionen zum Großhirn und umgekehrt leiten.
Demyelinisation führt zu neurologischen Ausfällen
Durch die Demyelinisation entstehen neurologische Ausfälle in allen möglichen Körperregionen, weil durch den Verlust der Ummantelung die Erregungsleitung zwischen den Nervenzellen unterbrochen oder verlangsamt ist. Die betroffenen Nervenfasern verhärten im Bereich der Entzündung und werden narbig (sklerotisch). Daher stammt auch die Bezeichnung Sklerose. Dadurch, dass es in mehreren Bereichen zu den Vernarbungen kommen kann sprechen Mediziner von multipler Sklerose.
Multiple Sklerose (MS): Ursachen, Risikofaktoren und Krankheitsentstehung
Die Ursache für die Multiple Sklerose sind nach wie vor ungeklärt. Es werden autoimmunologische Vorgänge vermutet, bei denen Antikörper gegen körpereigenen Nervenzellen vorgehen und die Schutzummantelung (Myelinschicht) der Nervenfasern zerstören. Das führt dann zu einer gestörten Erregungsleitung zwischen den Nervenzellen. Wie es zu so einer Reaktion im Körper kommen kann, ist unklar. Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine ungünstige Kombination aus verschiedenen Faktoren eine Rolle spielen, die das Immunsystem aus dem Gleichgewicht bringen und eine Multiple Sklerose auslösen können. Dazu gehört eine erbliche Veranlagung mit familiärer Häufung, die das Risiko für eine Multiple Sklerose begünstigen kann. So besteht ein bis zu 30-fach erhöhtes Risiko bei engen Verwandten, auch an MS zu erkranken. Auch Umweltfaktoren wie Schwermetall- und Klimabelastung, Infektionen durch Viren oder Pilze, Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten, eine ungesunde Ernährungsweise, Störungen im Magen-Darm-Trakt, Abwehrschwäche sowie Verletzungen (Traumata) des Schädels und Rückenmarks gehören zu den Faktoren, die eine Autoimmunerkrankung und Multiplen Sklerose beeinflussen können. Schwermetalle wie Quecksilber, Blei oder Kadmium wirken sich negativ auf die Abwehrzellen des Immunsystems aus und können direkt das Nervensystem schädigen. Seltene Viruserkrankungen in der Kindheit, z.B. mit dem Epstein-Barr-Virus, Masernvirus oder verschiedenen Herpes-Viren stehen ebenfalls unter Verdacht, das Immunsystem so aus dem Gleichgewicht zu bringen, dass im Erwachsenenalter die Multiple Sklerose entsteht. Auch rücken Aspekte des Lebensstils als Auslöser der MS in den Fokus der Wissenschaft. Rauchen ist besonders gesundheitsschädigend, weil Nikotin ein Nervengift ist. Deshalb besteht bei Rauchern ein erhöhtes Risiko, an MS zu erkranken. Eine ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Stress können außerdem dazu beitragen, dass das Immunsystem geschwächt wird, wie auch Störungen im Magen-Darm-Trakt mit einer aus dem Gleichgewicht geratenen Darmflora. Die Besiedelung der Darmflora mit vielen nützlichen Darmbakterien sorgt sowohl für eine optimale Versorgung des Organismus mit Nährstoffen als auch für ein gut funktionierendes Immunsystem.
Multiple Sklerose: Risikofaktoren und mögliche Ursachen
- Erbliche Veranlagung
- Schwermetallbelastungen durch Quecksilber, Blei und Kadmium
- Umweltbelastungen und Klima: Zuwenig Sonneneinstrahlung, Vitamin-D-Mangel
- Lebensstil: Rauchen, Ernährung, Stress, Reizüberflutung
- Störungen im Magen-Darm-Trakt, Darmflora
- Infektionen: Epstein-Barr-Virus, Herpes-Viren als mögliche Auslöser
Multiple Sklerose (MS): Symptome
Die Symptomatik bei der Multiplen Sklerose kann sehr vielseitig sein, denn bei der MS kann jede beliebige Stelle der weißen Substanz des ZNS betroffen sein und die Erregungsleitung zwischen den Nervenzellen in jeder beliebigen Körperregion verlangsamen oder unterbrechen. Häufig treten als Erstsymptome der MS eine Sehnervenentzündung mit verschwommenem Sehen und Augenmuskellähmungen infolge einer Hirnstammbeteiligung mit Doppelbildersehen auf. Begleitend dazu besteht ein so genannter Nystagmus. Darunter verstehen Mediziner unwillkürliche, in den meisten Fällen beidseitig auftretende rhythmische Augenbewegungen (Augenzittern). Typische Symptome der MS sind auch Sensibilitätsstörungen wie Parästhesien, z.B. pelzige Gefühle und Ameisenlaufen sowie ein reduziertes Berührungs- und Schmerzempfinden oder motorische Störungen in Form von spastischen Lähmungen in den Beinen. Ist das Kleinhirn von der Erkrankung betroffen, treten typischerweise Sprechstörungen mit undeutlich artikulierten Wörtern, zerebellare Ataxie und Intentionstremor auf. Bei einer Ataxie passen die Bewegungsabläufe nicht zusammen und laufen ungeordnet ab, bei einem Intensionstremor tritt ein grobschlägiges Zittern unmittelbar vor dem Ziel bei zielgerichteten Bewegungen auf. Eine kombinierte Form aus motorischer Störung mit spastischer Lähmung und Kleinhirnsymptomen (Koordinationsstörungen) führt zu einem für die MS typischen breitbeinig-steifen Gangbild. Auch Blasen- und Darmstörungen können durch eine Beteiligung des Rückenmarks bestehen, wie auch psychische Störungen. So kann eine reaktive Depression durch das Auftreten von psychischen Traumata, wie z.B. die eigene schwere Erkrankung ausgelöst werden. Die multiple Sklerose kann sich auch durch Gesichtsschmerzen wie z.B. im Rahmen einer Trigeminusneuralgie zeigen. Die Trigeminusneuralgie ist eine Schmerzerkrankung im Versorgungsgebiet des Trigeminusnervs (Nervus Trigeminus) mit blitzartig einsetzenden, reißenden Schmerzen meist im Ober- und Unterkieferbereich.
Leitsymptome der Multiplen Sklerose im Überblick
- Augensymptome: Sehnervenentzündung, Augenmuskellähmung, Nystagmus
- Sensibilitätsstörungen: Verminderte Berührungs- und Schmerzempfinden, Parästhesien
- Motorische Störungen: Spastische Lähmung der Beine
- Kleinhirnsymptome: Sprachstörungen, Ataxie, Intensionstremor (Zittern)
- Blasen- und Darmstörungen: Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang
- Psychische Störungen: Reaktive Depression
- Gesichtsschmerzen: Trigeminusneuralgie
- Schubweiser Krankheitsverlauf
Weitere mögliche Symptome der MS
Die Erkrankung MS kann viele weitere Symptome hervorbringen, die jedoch nicht zwingend auftreten müssen. In den meisten Fällen besteht bei Betroffenen eine Schwäche in den Gliedmaßen, Lähmungserscheinungen und Muskelschwund besonders in den Armen und Beinen, eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit mit spastischen Muskelkrämpfen und Gangunsicherheiten. Weiter können Bewegungskoordinationsstörungen, Gleichgewichtsstörungen und Schwindel, Zittern sowie Sensibilitätsstörungen, z.B. Taubheit, Empfindungsstörungen und Schmerzen auftreten. Zu den allgemeinen Symptomen zählen eine ausgeprägte Erschöpfung und Müdigkeit bis hin zur chronischen Müdigkeit, dem so genannten Fatique-Syndrom mit reduzierter Leistungsfähigkeit und einem starken Schlafbedürfnis. Stimmungsschwankungen, Traurigkeit und Antriebslosigkeit können sich auf der Gemütsebene zeigen. Auf körperlicher Ebene können sich bei MS auch Darmentleerungsstörungen wie Verstopfung (Obstipation), Funktionsstörungen der Blase mit unkontrollierbarem Harndrang und Harnverlust, eine sexuelle Funktionsstörung sowie Schluck- und Geschmacksstörungen zeigen.
Multiple Sklerose (MS): Krankheitsverläufe
Ein allgemeingültiger Krankheitsverlauf lässt sich bei der Erkrankung MS nicht ausmachen. Charakteristisch für die Multiple Sklerose ist ein schubweiser Krankheitsverlauf. Nach einem akuten Schub kann es in der schubfreien Zeit zu einer deutlichen Rückbildung der Symptome kommen, die über längere Zeit von Wochen bis Monate oder auch Jahre anhalten kann bis dann ein erneuter akuter Schub auftritt. Es ist aber auch ein anderer Krankheitsverlauf möglich, ein so genannter primärer chronischer Verlauf. Betroffen davon sind insbesondere Menschen, die erst später an Multipler Sklerose erkrankt sind. Typisch für diesen Verlauf ist ein kontinuierliches Zunehmen der Symptome ohne Phasen der Rückbildung.
Multiple Sklerose (MS): Vier Stadien und Verlaufsformen der Erkrankung
Der Krankheitsverlauf der Multiplen Sklerose ist weitgehend unberechenbar. Die MS kann in vier unterschiedliche Stadien bzw. Verlaufsformen eingeteilt werden: In das klinisch isolierte Syndrom (KIS), in die schubförmige, die primär und in die sekundär progrediente Verlaufsform.
Klinisch isoliertes Syndrom (KIS)
Das klinisch isolierte Syndrom (KIS) beschreibt das Anfangsstadium der klinischen Erkrankung der Multiplen Sklerose. In diesem Stadium treten erstmalig typische (Früh-) Symptome der MS auf. In den meisten Fällen sind das Sehnervenentzündungen mit verschwommenem Sehen, Augenzittern (Tremor) und Augenmuskellähmungen mit Doppelbildersehen. Auch Sensibilitäts- und Gangstörungen können zum ersten Mal in Erscheinung treten.
Schubförmige, remittierende Verlaufsform („relapsing-remitting“, RRMS)
Bei etwa 80 Prozent der Betroffenen beginnt die Multiple Sklerose mit einem schubförmigen Verlauf. Die schubförmig remittierende MS (relapsing remitting MS, RRMS) kann in einzelne Phasen eingeordnet werden, in denen das Entzündungsgeschehen im Vordergrund steht. Nach einem akuten Schub können sich die Beschwerden innerhalb von zwei Monaten zurückbilden und die beschwerdefreie Zeit kann dann über einen längeren Zeitraum (Monate bis Jahre) bestehen. Bleiben die neu auftretenden Beschwerden jedoch über sechs Monate bestehen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Rückbildung der Symptome mit unter 5 Prozent sehr gering. Wurde die MS noch nicht diagnostiziert und ist die Erkrankung dadurch noch unbehandelt, treten bis zu zwei Schübe pro Jahr auf.
Primär progrediente Verlaufsform (PPMS)
Bei der primär progredienten Verlaufsform (PPMS) beginnt die Multiple Sklerose mit einer schleichenden, kontinuierlichen Zunahme neurologischer Beschwerden. Bei dieser Verlaufsform entwickeln Betroffene häufig eine zunehmende spastische Gangstörung und ein voranschreitendes Kleinhirnsyndrom (progredientes zerebrales Syndrom). Das Kleinhirnsyndrom ist ein Symptomkomplex mit Beeinträchtigung der Bewegungsabläufe und Koordination, Blutniedrigdruck (Hypotonie), Schwäche der Stützmuskulatur des Rumpfes, Sprachstörungen mit abgehackter Sprache, unkontrollierbare Bewegungen (Nystagmus) und Intentionstremor.
Sekundär progrediente Verlaufsform (SPMS)
Bei der sekundär fortschreitenden MS kommt es zu einer schleichenden Zunahme der neurologischen Symptomatik mit oder ohne zusätzliche Schübe. Die sekundäre Verlaufsform entsteht nach etwa 10 Jahren bei einer nichtdiagnostizierten und unbehandelten MS. Es wird vermutet, dass es bei mindestens 50 Prozent der Betroffenen bei unbehandelter MS zu dieser Verlaufsform kommt. Diagnostisches Kriterium für die sekundär progrediente MS ist die kontinuierliche Zunahme der neurologischen Symptome über mindestens sechs Monate. Innerhalb der ersten beiden Jahre können Schübe gehäuft auftreten und zu einem schnelleren Fortschreiten der Erkrankung führen.
Multiple Sklerose (MS): Wie wird ein Schub definiert?
Der akute Schub einer MS wird als solcher bezeichnet, wenn neue oder reaktivierte Symptome mindestens 24 Stunden andauern, Symptome mit einem Zeitintervall von 30 Tagen zum Beginn vorausgegangener Schübe auftreten und nicht durch andere Faktoren wie Veränderungen der Körpertemperatur oder Infekte erklärbar sind. Treten Symptome wie Spasmen oder Gesichtsschmerzen nur über wenige Minuten auf, handelt es sich um keinen akuten Schub im Rahmen der MS. Die Anzahl der Schübe innerhalb eines festgelegten Zeitraumes spielt eine wichtige Rolle für die Indikation von Therapien und deren Beurteilung. Auslöser für einen akuten Schub können psychische Faktoren wie Stress, aber auch immunanregende Medikamente und eine Desensibilisierung im Rahmen von Allergien sein.
Multiple Sklerose (MS): Ist die Lebenserwartung beeinträchtigt?
Wissenschaftliche Untersuchungen kamen zum Ergebnis, dass Menschen mit MS, aber ohne ausgeprägte Behinderungen, keine verringerte Lebenserwartung haben. Auch ein Rückgang der Sterblichkeit bei MS konnte aufgrund der medizinischen Entwicklung in den letzten Jahren festgestellt werden.
Multiple Sklerose (MS): Schulmedizinische Diagnostik
Die Diagnosestellung der Erkrankung MS stellt für erfahrene Ärzte als schwierige Herausforderung dar, weil die Erstsymptome auf viele andere Erkrankungen hinweisen können und die Abklärung dadurch viel Zeit in Anspruch nimmt. Im Durchschnitt beträgt die Zeit bis zur finalen Diagnosestellung bis zu vier Jahre. Die sichere Diagnosestellung basiert auf Verfahren wie eine umfassende Anamnese mit einer möglichst detaillierten Erfassung der Krankengeschichte, auf neurologische, körperliche Untersuchungen, Nervenleitfähigkeit- und Geschwindigkeit, Lumbalpunktion zur Nervenwassergewinnung und bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns und Rückenmarks. Für die Diagnose MS sind alle Diagnoseverfahren wichtig, denn eine alleinige Untersuchung kann zu keiner sicheren Diagnose führen. Es gibt zur Orientierung international anerkannte Diagnosekriterien, die so genannten MC Donald-Kriterien, die die Diagnosestellung unterstützen.
Multiple Sklerose (MS): Anamnese
Die Erhebung der individuellen Krankheitsgeschichte ist die Basis der Diagnosestellung. Betroffene berichten über Symptome, die meist im Rahmen eines Schubs aufgetreten sind. Besteht daraufhin der Verdacht auf eine Erkrankung des Nervensystems, erfolgen entweder neurologische Untersuchungen oder der Arzt überweist an einen Neurologen, der die entsprechenden Untersuchungen durchführen kann.
Multiple Sklerose (MS): Neurologische, körperliche Untersuchung
Die Diagnosestellung der Erkrankung MS ist eine Herausforderung für Ärzte. Neurologische Untersuchungen zur Überprüfung der Hirn- und Nervenfunktionen sind ein wesentlicher Bestandteil der Diagnoseverfahren. Konkret überprüft werden dabei die Funktion von Augen und der Hirnnerven, Empfindungen von Temperatur, Berührung und Schmerzen, die Muskelkraft und Muskelspannung sowie die vegetativen Funktionen hinsichtlich der Reizübertragung zwischen Nervenleitung und Harnblase, Mastdarm und der Sexualorgane.
Neurologische Untersuchung bei MS: Liquoruntersuchung durch Lumbalpunktion
Bei der Liquordiagnostik wird mittels Lumbalpunktion Nervenwasser (Liquor) entnommen und untersucht. Dieses Verfahren spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnosestellung MS und deutet bei 95 Prozent der Betroffenen auf das Vorliegen der MS hin. Bei der Lumbalpunktion wird eine Nadel zwischen dem zweiten und fünften Lendenwirbel eingeführt und eine kleine Menge Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) entnommen. Bei Multipler Sklerose sind spezifische Entzündungswerte im Nervenwasser erhöht, ebenso die Anzahl bestimmter Eiweißverbindungen, die auf entzündliche Prozesse im zentralen Nervensystem deuten. Die Liquoruntersuchung dient auch zum Ausschluss anderer Erkrankungen wie z.B. Borreliose verursacht durch einen Zeckenbiss. Zeigt die Liquoruntersuchung ein unauffälliges Ergebnis, empfehlen Fachärzte eine Kontrolluntersuchung nach etwa einem Jahr.
Neurologische Untersuchung bei MS: Evozierte Potenziale
Eine weitere aufschlussreiche Untersuchungsmethode bei Verdacht auf MS ist die Überprüfung von evozierten Potenzialen. Bei evozierten Potenzialen handelt es sich um elektrische Spannungsunterschiede, die nach einer elektrischen Reizung durch Elektroden an bestimmten Nervenbahnen gemessen und aufgezeichnet werden können. Jede elektrische Aktivität von Nerven- und Muskelfasern zeigt sich in Form von Ausschlägen in der Messkurve. Diese Ausschläge werden als Potenziale bezeichnet. Durch die Messung der Nervenleitungsgeschwindigkeit können Mediziner Aussagen zu den Funktionen der Nervenbahnen im Rückenmark und des Sehnervs machen. Typisch für das Krankheitsbild MS ist eine zerstörte Myelinschicht, wodurch die Leitgeschwindigkeit der Nerven unterbrochen oder verlangsamt ist. Es stehen drei evozierte Potentiale zur Untersuchung zur Verfügung: Visuell evozierte Potentiale (VEP) durch Reizung der Sehnerven, sensibel evozierte Potentiale (SEP) durch Reizung der Haut und die motorisch evozierten Potentiale (MEP) durch Reizung von Kopf und Muskeln der Hände und Füße.
Visuelle und akustische evozierte Potenziale (VEP + AEP)
Bei der visuell evozierten Potenzial-Überprüfung schauen Betroffene auf einen Bildschirm, auf dem ein Schachbrett abgebildet ist. In bestimmten Zeitintervallen wechseln die Farben des Schachbrettmusters. Die dabei entstandene Messkurve zeigt an, ob eine Schädigung des Sehnervs vorliegt, wodurch Sehstörungen entstehen. Bei der Überprüfung von akustisch evozierten Potentialen werden verschiedenen akustische Reize über einen Kopfhörer angehört. Die dabei entstandenen Messdaten wiederum zeigen, ob eine Schädigung des Hörnervs, der Hörschnecke, im Hirnstamm oder Mittelhirn vorliegt.
Sensibel evozierte Potenziale (SEP)
Zur Überprüfung der sensiblen evozierten Potenziale wird eine Elektrode in der Nähe von einer sensiblen Nervenbahn und eine Elektrode an der Kopfhaut angebracht. Auf die Art und Weise kann die Leitfähigkeit von peripheren Nerven überprüft und Sensibilitätsstörungen festgestellt werden. Auch motorische Einschränkungen können mit dieser Untersuchung ermittelt werden.
Motorisch evozierten Potentiale (MEP)
Die motorisch evozierten Potenziale dienen in der MS-Diagnostik der Funktionsbestimmung des motorischen Systems, dass für die willkürliche Ausführung der Bewegungen verantwortlich ist. Mittels eines kurzen Magnetimpulses durch einen Magnetstimulator wird über eine Spule am Kopf und Wirbelsäule im Gehirn oder an den wirbelsäulennahen Nerven ein Impuls ausgelöst, der wiederum eine motorische Antwort hervorruft. Die Geschwindigkeit der Reizübertragung wird gemessen und dann über Elektroden aufzeichnet.
Multiple Sklerose (MS): Bildgebende Verfahren (MRT)
Die Magnetresonanztomografie (MRT) oder auch Kernspintomografie trägt als bildgebendes Verfahren zur Diagnosestellung der Multiplen Sklerose bei. Mit der Magnetresonanztomografie können entzündete und vernarbte Gewebebereiche in Gehirn und Rückenmark sichtbar machen. Beim MRT sorgen Magnetfelder dafür, dass das Gehirn schichtweise in Bildern dargestellt werden kann. Die Bilder zeigen Veränderungen der Gewebestrukturen im Gehirn und durch die Verwendung eines Kontrastmittels können außerdem aktive Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark sichtbar gemacht werden. Das Kontrastmittel wird durch die Vene ins Blut gegeben. Die Magnetresonanztomografie (MRT) kommt auch zur Kontrolle von Therapiemaßnahmen und des Krankheitsverlaufes bei MS zum Einsatz.
Multiple Sklerose (MS): MC Donald-Kriterien
Es gibt eine internationale, standardisierte Leitlinie, die so genannten McDonald-Kriterien, die bei der Diagnosestellung der MS zum Einsatz kommen und diese erleichtern soll. Anhand der McDonald-Kriterien ist eine standardisierte Diagnosestellung möglich, die eine bessere und zuverlässigere Diagnose ermöglicht. Anhand der Kriterien ist es fachkundigen Ärzten möglich, eine MS bereits nach dem ersten Schub zu diagnostizieren, wenn durch die MRT-Untersuchung frühzeitig eine zeitliche Dissemination nachgewiesen werden kann. Unter Dissemination verstehen Ärzte die Verbreitung oder Streuung von Krankheitserregern, die von einem Krankheitsherd ausgehen.
Multiple Sklerose (MS): Schulmedizinische Therapie
Die Erkrankung Multiple Sklerose ist nach wie vor nicht heilbar, aber es gibt eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten, die das Leiden der Betroffenen lindern. Die Therapieziele der MS sind die Reduzierung und Hemmung von akuten Entzündungsreaktionen eines Schubes (Schubtherapie), das Fortschreiten der Multiplen Sklerose zu verlangsamen und die beschwerdefreien Intervalle zwischen den Schüben möglichst lange beizubehalten (verlaufsmodifizierte Therapie). Ziel der Behandlung ist außerdem die Linderung der vielseitigen MS-Symptome (Symptomatische Therapie). Die Therapie gestaltet sich sehr individuell und hängt auch von Faktoren wie das Alter, Geschlecht, die Lebenssituation und möglicher Begleiterkrankungen ab. Im Rahmen der symptomatischen Therapie stehen die medikamentöse Behandlung, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie und die neuropsychologische Therapie im Vordergrund. Auch Behandlungsmaßnahmen aus dem Bereich der Alternativmedizin können unterstützend zur schulmedizinischen Medizin zum Einsatz kommen.
Kurtzke-Skala oder EDSS-Score
Ein wichtiges Instrument zur Beurteilung und Anpassung der Therapie stellt eine weltweit verbreitete Skala zur Beschreibung der Beeinträchtigung durch MS dar. Die so genannte Kurtzke-Skala oder auch Expanded Disability Status Score (EDSS-Score) bietet eine Skala von 0 bis 10 an, anhand derer detaillierte Angaben über den Behinderungsgrad von MS-Patienten gemacht werden können. Das ermöglicht den behandelnden Ärzten eine regelmäßige und neue Einordnung der Symptome und Einschränkungen durch die MS. Die Der EDSS-Score bietet Ärzten international einheitliche Kriterien zur die Beurteilung des Krankheitsverlaufs und damit eine entsprechende Anpassung der Therapien an die neuen Gegebenheiten. Der EDSS-Score umfasst acht Funktionssysteme: das visuelle Funktionssystem zur Beurteilung der Sehschärfe, das Hirnstamm-Funktionssystem zur Beurteilung von Doppelbildersehen und Sensibilitätsstörungen im Gesicht, das pyramidale Funktionssystem zur Überprüfung der Muskelkraft an Armen und Beinen, das Kleinhirn-Funktionssystem mit dem Finger-Nase-Versuch, das sensible Funktionssystem zur Beurteilung der Schmerzen und Temperaturempfindlichkeit, das Funktionssystem von Blase und Darm, das cerebrale System hinsichtlich Konzentrationsstörungen sowie die Überprüfung der Gehstrecke mitsamt Nutzung von Gehhilfen.
Multiple Sklerose (MS): Medikamentöse Behandlung des akuten Schubes
Zur Behandlung des akuten Schubes und des Krankheitsverlaufes können verschiede Medikamente bei multipler Sklerose zum Einsatz kommen. Viele Medikamente beeinflussen auf unterschiedliche Art und Weise das Immunsystem: Immunmodulierende Medikamente verändern und formen das Immunsystem, immunsupprimierende Medikamente hingegen schwächen oder unterdrücken die Funktion des Immunsystems.
Glukokortikoide bei MS
Glukokortikoide gehören zu den so genannten Immunsuppressiva mit einer entzündungshemmenden und immunsupprimierenden Wirkung. Aufgrund ihrer Wirkung kommen Glukokortikoide zur Behandlung von Allergien, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen zum Einsatz. Die Wirkung solcher Medikamente setzt schnell ein und lindert schnell entzündliche Erscheinungen. Der Nachteil einer Langzeittherapie mit Glukokortikoiden sind die teilweise schweren Nebenwirkungen wie z.B. blutende Magen-und Zwölffingerdarmgeschwüre, Gewichtzunahme durch gesteigerten Appetit und eine erhöhte Infektanfälligkeit.
Cannabis-Präparate bei MS
Immer beliebter wird bei Betroffenen die Behandlung mit Cannabis-Präparaten in Form von Tropfen oder Sprays zur Linderung der Symptome, insbesondere bei Schmerzen und Spasmen und zur Verbesserung der Lebensqualität. Der Einsatz von Cannabis-Präparaten wird sehr kontrovers diskutiert, rückt aber immer mehr in den Fokus der medizinischen Wissenschaft. Die Hanfpflanze verfügt über bis zu 500 Inhaltsstoffen, neben ätherischen Ölen (Terpenen) und den über hundert Cannabinoiden, enthält Cannabis auch Proteine, Aminosäuren, Zucker, Alkohole, Farbstoffe und Vitamine. Insbesondere die Cannabinoide spielen als Arzneimittel eine wichtige Rolle, denn sie docken sich als Botenstoffe an Cannabinoid-Rezeptoren des menschlichen Organismus an, wodurch der Informationsfluss zwischen den Nervenzellen und des zentralen Nervensystems beeinflusst wird. Cannabinoide entfalten eine schmerzlindernde Wirkung, reduzieren Spasmen in der Muskulatur und beruhigen die Reizleitung der Schmerzbahnen im Körper. Zudem wirken Cannabinoide entzündungshemmend.
Antidepressiva bei reaktiver Depression
Die Erkrankung MS geht häufig mit depressiven Verstimmungen und Depressionen einher. Neben psychotherapeutischen Maßnahmen können auch Medikamente wie Antidepressiva als Therapiebaustein bei MS Anwendung finden. Antidepressiva wirken stimmungsaufhellend, beruhigend und angstlösend oder aber auch antriebssteigernd. Bis die Arzneien die entsprechende Wirkung entfalten, kann es bis zu drei oder vier Wochen dauern. Das wohl bekannteste Antidepressivum ist Johanniskraut, dass sich jedoch nur für leichtere Depressionen und depressive Verstimmungen eignet.
Multiple Sklerose (MS): Physikalische Therapie
Physikalische Therapien umfassen verschiedene medizinische Behandlungsmethoden, die physiologische Funktionen des Körpers mit naturgegebenen Mitteln anregen und damit zur Linderung der Beschwerden beitragen. Zu den physikalischen Therapien gehören u.a. Krankengymnastik, Ergotherapie, manuelle Therapie, Massagen, Reizstromtherapie, Wärme- und Kältetherapie, Hydrotherapie und viele mehr.
Physikalische Therapien sind ein wichtiger Therapiebaustein bei der Behandlung von MS. Das Hauptziel der Behandlungsmaßnahmen richtet sich auf die Linderung von Schmerzen und Regulation der Muskelspannung bei Spasmen.
Multiple Sklerose (MS): Krankengymnastik (Physiotherapie)
Die Krankengymnastik spielt eine zentrale Rolle bei der Behandlung von Multipler Sklerose, denn sie fördert die körperliche Leistungsfähigkeit und trägt auch dazu bei, diese zu erhalten. Ziel der Krankengymnastik ist die Förderung von Kraft, Beweglichkeit, Haltung und Koordination durch aktive und passive Übungen, die Verminderung von Spasmen, Versteifung und Schmerzen durch passive Mobilisation, die Stärkung und Kräftigung von Muskeln durch kräftigende Übungen sowie Entspannungsmaßnahmen für verspannte Muskelpartien. Krankengymnastik mit oder ohne Geräte sollte immer von einem erfahrenen Physiotherapeuten durchgeführt werden. Krankengymnastik eignet sich bei MS-Symptomen wie Spastik, Gelenk-, Muskel-und Wirbelsäulenschmerzen, Zittern und Ataxie sowie bei Blasen- und Darmstörungen.
Multiple Sklerose (MS): Ergotherapie
Bei der Ergotherapie handelt es sich um einen ganzheitlichen Therapieansatz für Menschen mit Multipler Sklerose. Ziel der Ergotherapie ist die Verbesserung der Lebensqualität mit einer größtmöglichen Selbständigkeit und Unabhängigkeit im Alltag und Beruf. Bewegungsabläufe (Motorik) des Körpers, die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit werden geschult, die körperliche und seelische Verfassung verbessert, Schmerzen gelindert und eine potentielle Pflegebedürftigkeit hinausgezögert. Die Ergotherapie beinhaltet auch das Trainieren von körperlichen Bewegungsabläufen, Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer. Außerdem werden Hilfsmittelverordnungen sowie Anpassungsvorschläge von Wohnraum und Arbeitsplatz angeboten. Die therapeutischen Methoden aus dem Bereich der Ergotherapie werden individuell an den psychischen und physischen Zustand des Betroffenen angepasst. Die Ergotherapie ermöglicht also ein zielgerichtetes, individuelles und symptomorientiertes Training. MS-Betroffene lernen außerdem, pathologische Haltungs- und Bewegungsmuster abzubauen.
Multiple Sklerose (MS): Cranio-Sacral-Therapie
Die Cranio-Sacral-Therapie ist eine manuelle Therapie, die ihre Ursprünge in der Osteopathie hat. Das Ziel der Behandlung ist die Lösung von Blockaden und Verspannungen, die häufig im Rahmen einer Multiplen Sklerose auftreten können und eine negative Wirkung auf das zentrale Nervensystem und Rückenmark haben. Die manuelle Behandlung ist eine tiefgreifende Körperarbeit und findet hauptsächlich am Kreuzbein (Sacrum) und am Schädel (Cranium) statt. Auch wenn bisher ein eindeutiger Nachweis für die Wirksamkeit der Cranio-Sacral-Therapie fehlt, trägt die Behandlungsform bei Menschen mit MS zur Reduzierung der Schmerzen und Spasmen bei.
Multiple Sklerose (MS): Massagen
Massagen werden von meisten Menschen mit MS als wohltuend empfunden. Begleitend zu anderen Therapieformen kommen neben der klassischen Massage auch Massagen wie z.B. eine bindegewebs-, Aroma-, Reflexzonen- oder Unterwasserdruckstrahlmassagen zum Einsatz. Ziel von Massagen ist die Lockerung der verspannten Muskulatur, die Reduzierung von Schmerzen und Förderung der Durchblutung sowie die Anregung des Stoffwechsels. Auch auf die Psyche wirken sich Massagen positiv und entspannend aus
Multiple Sklerose (MS): Logopädie
Die Logopädie beschäftigt sich mit Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen, die u.a. als Symptome der Multiplen Sklerose auftreten können. In Einzeltherapiestunden trainieren Sprechtherapeuten (Logopäden) mit Betroffenen u.a. Bewegungsvorgänge beim Sprechen, ein langsames Sprechtempo und eine bessere Kontrolle und Steuerung des Stimmtons.
Multiple Sklerose (MS): Alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten
Im Bereich der Alternativmedizin gibt es eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten, die unterstützend zu schulmedizinischen Therapien zu einer Linderung bei Multiple Sklerose (MS) führen. Dazu gehören Maßnahmen aus den Bereichen der Entspannungsmethoden, Phytotherapie, Homöopathie, Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), Physikalischer Therapie und der Ernährungstherapie (Diätetik). Alternativmedizinische Therapien sollten also nur ergänzend zur Basistherapie bei MS Anwendung finden.
Multiple Sklerose (MS): Entspannungsmethoden
Psychischer Stress wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus, was wiederum zu einer Anfälligkeit für Erkrankungen führen kann. Unterstützende Entspannungsmethoden und -techniken wie Autogenes Training, Feldenkrais, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Qi Gong und Yoga können mit ihren beruhigenden Effekten bei der Erkrankung MS eine positive Wirkung auf Körper und Geist entfalten. Entspannungsmethoden beinhalten sowohl Bewegungsabläufe als auch Formen der Meditation und sollen das körperliche und seelische Wohlbefinden sowie die Lebensqualität steigern.
Multiple Sklerose (MS): Autogenes Training
Bei dem autogenen Training handelt es sich um ein Entspannungsverfahren, dass die Verbesserung der Körperwahrnehmung zum Ziel hat und unterstützend als Therapiebaustein bei der Multiplen Sklerose Anwendung finden kann. Über die bewusste Vorstellung sollen beim autogenen Training körperliche Umschaltvorgänge angeregt werden. Durch Autosuggestion wird das Unterbewusstsein trainiert, dass Körper und Seele entspannen können. Das Verfahren kann in kurzer Zeit erlernt und Zuhause praktiziert werden. Die regelmäßige Durchführung der Übungen führt dann zu Entspannung, Ruhe und zu einer Selbstregulierung der vegetativen Körperfunktionen.
Multiple Sklerose (MS): Feldenkrais-Methode
Der israelische Wissenschaftler und Judomeister Moshe Feldenkrais (1904-1984) entwickelte das nach ihm benannte bewegungspädagogisches Konzept, die so genannte Feldenkrais-Methode. Das Hauptaugenmerk des Verfahrens richtet sich auf die bewusste Wahrnehmung, Koordination und Steuerung von Bewegungsmustern und -abläufen. Die Feldenkrais-Methode kann bei bei Behinderungen wie der spastischen Lähmung, bei Blutniedrigdruck (Hypotonie), Ataxie, sensorischen Störungen, Gleichgewichtsstörungen, Schwierigkeiten beim Gehen und bei Multipler Sklerose unterstützend zu anderen Therapieformen zum Einsatz kommen und die Beschwerden lindern. Ziel der Feldenkrais-Methode ist die Steigerung der Lebensqualität durch neu erlerntes Vertrauen in den eigenen Körper. Das Training richtet sich nach den individuellen Möglichkeiten des Betroffenen und kann sowohl im Liegen als auch im Stehen ausgeübt werden.
Multiple Sklerose (MS): Progressive Muskelentspannung (PME) nach Jacobson
Die Progressive Muskelentspannung wurde von dem amerikanischen Arzt Edmund Jacobson (1885-1976) entwickelt. Er stellte einen Zusammenhang zwischen psychischem Wohlbefinden und körperlicher Anspannung fest, denn ein psychisch angespannter, ängstlicher Mensch zeigt meist auch eine angespannte Muskulatur. Entspannt sich die Muskulatur wieder, entspannt und beruhigt sich auch die Psyche. Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist eine einfach zu erlernende Methode, die Zuhause im Sitzen, Liegen oder Stehen durchgeführt werden kann. Zu Beginn sollte PME aber regelmäßig geübt werden, damit sich die positive Wirkung auf Körper und Psyche entfalten kann.
Durch bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen lockert sich der gesamte Körper. Besonders bei MS-Symptomen wie Schmerzen, Schlafstörungen oder Blasenschwäche (Training der Beckenbodenmuskulatur) kann sich PME positiv auswirken.
Multiple Sklerose (MS): Qigong
Qigong ist ist eine Meditations-, Konzentrations- und Bewegungsform zur Kultivierung von Körper und Geist und Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Durch die sanften, langsamen und gymnastischen Qigong-Übungen soll der Qi-Fluss im Körper, die Atmung und Bewegungen harmonisiert und die körpereigenen Heilkräfte aktiviert werden. Menschen mit Multipler Sklerose lernen durch Qigong die Lebensenergie (Qi) zu pflegen und damit ein möglichst gesundes und entspanntes Leben zu führen. Ziel der Qigong-Übungen ist die Entspannung von Körper, Geist und Seele.
Multiple Sklerose (MS): Yoga und Meditation
Ursprünglich handelt es sich bei Yoga um eine alte philosophische Lehre aus Indien, die viele körperliche und geistige Übungen wie Dehnungs-, Bewegungs-, Koordinations-, Gleichgewichts-, Atem- und Entspannungsübungen umfassen. Yoga kann damit eine positive Wirkung auf MS-Symptome wie Spastik, Ataxie und Fatique (chronische Müdigkeit) entfalten. Yoga wirkt ganzheitlich auf physischer und psychischer Ebene. Regelmäßig praktizierte Yoga-Übungen (Asanas) können dazu beitragen, dass sich die Lebensqualität der Menschen mit MS verbessert und sie die unheilbare Erkrankung annehmen und akzeptieren können. Yoga und Meditation helfen außerdem dabei, mit Ängsten umzugehen, die Körperwahrnehmung zu stärken und mentale Stärke aufzubauen. Das Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Kräfte werden positiv beeinflusst, so dass innere Ruhe, Gelassenheit und Entspannung entstehen kann. Mit Yoga-Übungen und Meditation sollen das Fortschreiten der MS möglichst verlangsamt werden und Schübe möglichst selten und weniger intensiv auftreten. Ziel von Yoga-Übungen sind die Verbesserung der Ausdauer, Leistungsfähigkeit, Koordination, Beweglichkeit und des Gleichgewichtssinnes, die Stärkung der Muskelkraft, Konzentration und kognitiven Fähigkeiten sowie die Muskeldehnung und Muskelentspannung. Auch die Atmung und Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung im Organismus kann durch Yoga verbessert werden.
Multiple Sklerose (MS): Phytotherapie
Im Bereich der Phytotherapie können bei Multipler Sklerose (MS) Heilpflanzen mit stimmungsaufhellenden und antidepressiven Wirkeigenschaften zum Einsatz kommen, wenn denn depressive Verstimmungen und Depressionen als Symptome der MS auftreten. Die bekannteste Heilpflanze als Antidepressivum ist Johanniskraut (Hypericum perforatum). Auch im Bereich der Schulmedizin wird hochdosiertes Johanniskraut bei leichten bis mittelschweren Depressionen verordnet, denn die antidepressive Wirkung von Johanniskraut ist in wissenschaftlichen Studien bestätigt. Ein Heiltee mit Johanniskraut sollte jedoch nur begleitend zu anderen MS-Therapien angewendet werden. Neben der antidepressiven Wirkung sorgen die Inhaltsstoffe im Johanniskraut außerdem für eine entzündungshemmende, schmerzstillende (analgetische) und krampflösende Wirkung.
Die Kommission E (Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte) und ESCOP (Europäischer Dachverband der nationalen Gesellschaften für Phytotherapie)
Befürworten die Behandlung von psychovegetativen Störungen, depressiven Verstimmungen und Ängsten sowie nervöser Unruhe. Die Kommission E empfiehlt Fertigpräparate wie Dragees, Kapseln, Filmtabletten, Tropfen und Säfte sowie das lose Kraut für eine Tee-Zubereitung.
Rezept Heilkräutertee bei Depressionen bei MS
Ein Johanniskraut-Tee kann bei Depressionen, Angst, Nervosität, Reizbarkeit oder Gemütserregungen zum Einsatz kommen. 30 Gramm getrocknetes oder 75 Gramm frisches Johanniskraut in eine Teekanne geben und mit 500 ml heißem Wasser übergießen. Der Aufguss sollte etwa 10 Minuten ziehen und anschließend durch ein Sieb abgeseiht werden. Als Standarddosis werden 3x täglich eine Tasse Tee empfohlen.
Multiple Sklerose (MS): Homöopathie
Bei akuten Krankheitsgeschehen gibt es homöopathische Einzelmittel, die entsprechend der Symptomatik eingenommen werden können. Bei chronischen und immer wiederkehrenden Erkrankungen sollte ein Konstitutionsmittel von einem erfahrenen Homöopathen ermittelt und verschrieben werden. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) spricht sich bei der Selbstbehandlung akuter Beschwerden allgemein für die Potenz C12 aus. Eine Gabe entsprich nach der DZVhÄ 2-3 Globuli und bei Bedarf kann die Gabe bis zu viermal am Tag wiederholt werden. Die Globuli sollen während der Einnahme langsam im Mund zergehen und die Wirkung jeder Gabe sollte immer zunächst abgewartet werden, bevor eine weitere Gabe erfolgen soll. Tropfen (Dilution) werden in Wasser gelöst und über einen Plastiklöffel oder einer Pipette in den Mund geträufelt.
Die wichtigsten homöopathischen Einzelmittel bei ähnlichen Symptomen der Multiplen Sklerose (MS): Hypericum, Arnika, Plumbum und Stannum
Eine unterstützende homöopathische Behandlung bei MS richtete sich nicht auf die Erkrankung selbst, sondern auf die individuelle Symptomatik der Betroffenen. Treten Depressionen im Rahmen der MS auf, könnte z.B. das homöopathische Johanniskraut (Hypericum perforatum) Anwendung finden. Bei körperlicher Schwäche, Muskel- und Gliederschmerzen hingegen wäre u.a. Arnika montana als Mittel angezeigt. Das homöopathische Mittel Plumbum (Blei) soll auf das Nervensystem wirken und Schmerzen, Lähmungen und Zittern lindern. Stannum (Zinn) wiederum kommt bei MS-ähnlichen Symptomenwie lähmungsartige Schwäche, Zittern, spastische Muskelzuckungen, Schweißausbrüchen und Mutlosigkeit zum Einsatz.
Multiple Sklerose (MS): Ernährungstherapie und diätetische Maßnahmen
Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Studien, die eine bestimmte diätetische Ernährungsweise bestätigen, die sich besonders positiv auf das Krankheitsbild MS auswirkt. Trotzdem ist eine ausgewogene Ernährungsweise mit abwechslungsreichen Nahrungsmittel die optimale Kost. Dazu gehören viel Gemüse, Salate, Obst, Fisch und ungesättigte Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren). Fleisch- und Zuckerkonsum sollten hingegen reduziert werden. Auch sollten Menschen mit MS darauf achten, nicht übergewichtig zu werden, da Übergewicht eine zusätzliche gesundheitliche Belastung darstellt. Auch eine Mangelernährung und Untergewicht könne sich negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken. Als optimale Trinkmenge werden zwei Liter Wasser, Saftschorlen oder Tees empfohlen.
Welche Rolle spielt Vitamin D bei der Erkrankung MS?
Vitamin D wird durch Sonnenlicht und UV-Strahlung über die Haut vom Körper aufgenommen und gebildet. Je geringer die Sonnenstrahlung, desto höher der Vitamin-D-Mangel in der dunklen Jahreszeit und das Risiko an MS zu erkranken. Aus diesem Grund sind Menschen der nördlichen Hemisphäre auch häufiger von MS betroffen, denn ein Vitamin-D-Mangel kann die Entstehung von autorimmunen Entzündungen fördern. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D soll überschießende Entzündungsreaktionen unterdrücken, indem Vitamin D die aktivierenden Botenstoffe verringert und auch das Auftreten von Schüben kann durch ausreichend Vitamin D reduziert werden. Besonders in den Monaten von Januar bis April wird eine Substitution mit Vitamin D empfohlen, wenn ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel vom Arzt nachgewiesen wurde. Vor einer eigenständigen und unkontrollierten Aufnahme von Vitamin-D-Präparaten wird hingegen gewarnt, weil zu hohe Mengen zu Gesundheitsschäden z.B. an den Nieren führen können.
Multiple Sklerose (MS): Psychotherapeutische Maßnahmen
Auf psychischer Ebene können bei der Erkrankung Multiple Sklerose verschiedene Symptome auftreten. So entstehen Ängste vor Kontrollverlust durch die MS und viele Betroffene betrauern ihre verloren gegangenen Fähigkeiten und den damit einhergehenden Verlust von Lebensplänen. Sie entwickeln pessimistische Zukunftsperspektiven und Zukunftsängste und erleben dadurch immer wieder seelische Tiefs, denn der Krankheitsprozess der MS bringt immer neu auftretende körperliche Beeinträchtigungen hervor. Das seelische Empfindungsspektrum reicht von leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmungen bis hin zu einer Depression im Sinne einer psychischen Erkrankung, denn nicht jede traurige Verstimmung ist eine Depression. Im Rahmen der MS können Depressionen durch hirnorganische Veränderungen, hormonelle Störungen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder durch Stress auftreten.
Eine begleitende Psychotherapie bietet Betroffenen eine gute Möglichkeit, sich aktiv mit dem seelischen Zustand und der Erkrankung MS auseinanderzusetzen. Ziel der psychotherapeutischen Behandlung ist das Herausarbeiten und Fördern der persönlichen Stärken und das Entwickeln neuer Lebensperspektiven. Darauf basierend wird ein ganzheitlicher Behandlungsansatz in Form einer Verhaltenstherapie empfohlen. Bei schwereren Formen der Depressionen werden zudem Antidepressiva eingesetzt.